Brief an die Landessynode Sachsens stößt auf taube Ohren.
Autorin: E.Hahmann
10.10.2000
Ev . - Lu t h . - Landessynode Sachsens
Betr. Organisierter Haustierdiebstahl
Sehr geehrte Synodale!
Ich kann mir vorstellen, daß sich die Eingabebearbeiter der Landessynode als kirchlichem Gremium sehr wundern, auf das Problem des kriminellen Verschwindens von Hauskatzen angesprochen zu werden. Aber ich möchte einfach nichts unversucht lassen, Verbündete zu suchen im Kampf gegen einen finsteren Bereich in unserer Gesellschaft. Zumal es sich dabei um ein Problem handelt, von dem ich selbst betroffen bin, nachdem mir bis vor kurzem davon kaum etwas bekannt war, ein Problem, das mich aber nun nicht mehr zur Ruhe kommen läßt. Ich fühle mich einfach zum Handeln gezwungen, weil zu wenig gegen dieses Unrecht getan wird.
Am 23.Mai 2002 verschwand unsere Hauskatze, die für uns alle in einem Bäckerhaushalt eine Art Familienmitglied und für mich persönlich fast so etwas wie ein "'Psychotherapeut" in schweren Lebenslagen darstellte. Nun begann für die ganze Familie eine lange, nervenaufreibende Suche, da ein Überfahrensein auf der Straße ausgeschlossen war (unsere sterilisierte Katze bewegte sich ausschließlich innerhalb unseres und der benachbarten Grundstücke ). Alle Nachbarn suchten mit - ergebnislos.
Ich entdeckte unmittelbar an unserer Garagenmauer noch Rückstände eines offenbar von Menschenhand versprühten Sexuallockstoffes. Zugleich stellte sich heraus, daß an Tagen davor in unserem Ort weitere gepflegte Hauskatzen auf ähnlich rätselhafte Weise verschwunden waren. Vom zuständigen Tierheim erfuhr ich, daß gleiche Meldungen mal aus diesem, mal aus jenem Ort in der Umgebung einträfen. Nun wurde uns schlagartig klar, daß hier aller Wahrscheinlichkeit nach kriminelle Katzenfänger am Werk waren. Nach langen Telefonaten bis hin zum Tierschutzbund Bonn und der "Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche" kam ich an die Adresse von I.M. in Goslar, die (auch selbst betroffen) schon seit sieben Jahren ehrenamtlich gegen einen - wie sie und andere herausgefunden haben - bundesweit mafiaähnlich organisierten Haustierdiebstahl ankämpft.
Längst ist ihr und anderen bekannt, daß die gestohlenen Tiere nicht - wie früher angenommen - wegen der Felle gefangen werden, sondern als "Tiermaterial" in Tierversuchslabors landen. Es spricht darum sogar einiges dafür, daß Politiker zu diesem Skandal mit Rücksicht auf die allzu mächtigen Pharmakonzerne beflissentlich schweigen. Doch die Proteste von betroffenen Tierhaltern (es gibt Zahlen, wonach heute schon jeder 3. Tierhalter davon betroffen ist) und engagierten Tierschützern werden immer lauter. Was würde z.B. auch die endliche Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz nützen, wenn sich trotzdem an den angedeuteten Mißständen nichts änderte?
Die Behauptung, daß nur eigens dafür gezüchtete Tiere für Versuche verwendet würden, läßt sich dabei nicht aufrecht erhalten, nein, sie scheint eher der Verdummung der Massen zu dienen, wenn - wie mir kannt wurde - gleichzeitig in Deutschland schon seit Jahren keine solche Zuchtanstalt für Katzen besteht (und auch dem Deutschen TIerschutzbund Bonn kein kommerzieller Züchter von Versuchskatzen bekannt ist), obwohl entsprechend der Versuchstierstatistik des Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung u. Landwirtschaft im Jahr 2000 gleichzeitig insgesamt 1108 Katzen in Deutschland fur Tierversuche verwendet wurden. Soweit mir bekannt wurde, werden gestohlene Tiere von gefälligen Veterenärämtern mit falschen Papieren "reingewaschen". Zudem würde die Forschung nach meiner Kenntnis mit kommerziell gezüchteten Versuchstieren aufgrund der zu hohen Kosten zusammenbrechen; stehlen scheint da viel billiger. Wie ich erfuhr, zahlen die Labors pro Versuchstier zwischen 200 u.400 Euro. Für diesen Preis kann man keine Tiere züchten, da - wie ich ebenfalls erfuhr- für die Forschung ältere Tiere (kürzere Inkubationszeiten) benötigt werden. Laut I.Müller (s.o.) ist seit 1997 bewiesenermaßen dabei die Katze das bestgeeignete und billigste Versuchstier seit Bekanntwerden der BSE-Krise und der Aidserkrankung (von Frau Müller erfuhr ich ebenfalls, daß eine Versuchsreihe in der BSE-Forschung 2000 Tiere in einem langen Leidensweg zu Tode quält werden, ganz zu schweigen von den total sinnlosen Tierversuchen der Kosmetikindustrie).
Dr.W.Amman (Name geändert) von der Vereinigung ... Tierversuche bestätigte, daß Hauskatzen für derartige Versuche gestohlen und verwendet werden. Er ist aber der Meinung, es sei egal für das Tier, ob es eigens für die Forschung gezüchtet oder gestohlen wurde. Das mag zwar von aussen betrachtet zutreffen, zugleich zerreißt es mir beinahe das Herz, wenn ich mir vorstelle, wie unser behütetes, an Freiheit gewöhntes Tier aller Wahrscheinlichkeit nach leiden muß; wo doch auch Tiere wie der Mensch Leid und Schmerz empfinden. Außerdem macht die illegale Tierbeschaffung ja wohl dieses Ausmaß an Tierversuchen überhaupt erst möglich.
Für mich ist der Gedanke, daß mein kleiner Haustherapeut jetzt möglicherweise einen so qualvollen Leidensweg vor sich hat, ohne daß ich etwas dagegen tun kann, unerträglich und verfolgt mich beinahe Tag und Nacht. Keiner kann und will wohl bestreiten, daß Forschung im Dienste der Medizin notwendig ist. Doch laut Aussage vieler Wissenschaftler, selbst vieler Sprecher bei der Bundestagsdebatte zur Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz wurde immer wieder betont, heutzutage sei fast alle Forschung ohne lebende Tiere anhand von künstlich gezüchteten Zellkulturen möglich. Wozu dann weiter das tägliche tausendfache Leid der Versuchstiere?
Deshalb habe ich mich entschlossen, alles in meinen Kräften stehende zu tun, um das Leiden der hilflos ausgelieferten Geschöpfe zu bekämpfen, so gut ich es kann. Ich arbeite inzwischen mit einer Gruppe ebenfalls Betroffener zusammen.Gewiß: Der Tod gehört zum Leben eines jeden Lebewesens genaus so wie die Geburt; doch kein Mensch hat das Recht, einen anderen Menschen, oder ein Tier qualvoll zu töten bzw. ans Messer zu liefern aus reiner Gewinnsucht. Verfallen in unserer Gesellschaft ethische Werte tatsächlich immer mehr?.
Als Mitglied der ev.-luth. Landeskirche Sachsens wende ich mich hiermit an die Landessynode mit der Bitte um Kenntnisnahme eines üblen Mißstandes in unserem Land, der vielleicht nur immer noch nicht genug zum Himmel stinkt zugleich mit der Bitte, uns, meine Selbsthilfegruppe und mich wie irgendmöglich zu unterstützen, geht es doch dabei auch um einen Aspekt des Schutzes und der Erhaltung von Gottes Schöpfung.
Vielen Dank im voraus!
In der Hoffnung auf eine positive Antwort grüßt Edith Hahmann
Übrigens: Frau Hahmann bekam bis heute keine Antwort auf dieses Schreiben!